Samstag, 12. März 2011

Menschenkette in Schwaben "Fukushima ist überall!"

Die Atomkatastrophe in Japan wird für Ministerpräsident Mappus zur Gefahr: Im Wahlkampf in Baden-Württemberg ging es bislang um Stuttgart 21 und Bildung - jetzt könnte das Thema Kernkraft alle anderen verdrängen. Zigtausende demonstrierten mit einer Menschenkette gegen die Regierung. 
Nils Schmid und Winfried Kretschmann, die Spitzenkandidaten von SPD und Grüne, lächeln nicht. Mit ernster Miene sprechen sie in die Mikrofone. "Es gibt Dinge, die kann man nicht voraussehen", sagt Schmid, grauer Anzug, rote Krawatte, "aber es geht hier in erster Linie darum, den Menschen in Japan unser Mitgefühl zu zeigen." "Ich kann nur einen geordneten Rückzug empfehlen", ergänzt Kretschmann, grauer Anzug, grüner Anstecker, "die Atomkraft ist eine klare Sackgasse."

Es ist Wahlkampf in Baden-Württemberg. Für eine "Richtungswahl", wie CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus in der vergangenen Woche erklärte. Und in Japan explodiert vor den multimedialen Augen der Weltöffentlichkeit ein Atomkraftwerk. Seit Wochen war die Anti-Atom-Kette an diesem Samstag geplant. 40.000 Menschen hatten sich für die Aktion vorgemerkt, am Ende kamen laut Veranstaltern rund 60.000 zusammen. Noch in der Nacht, als die verheerenden Folgen des Erdbebens in Japan sichtbar wurden, hätten sich Tausende per E-Mail nachgemeldet. Sie alle bildeten eine rund 45 Kilometer lange Menschenkette zwischen dem Atomkraftwerk Neckarwestheim und der Villa Reitzenstein, dem Sitz der schwarz-gelben Landesregierung in Stuttgart.
"Ned schwätza - abschalda", steht auf einem großen weißen Transparenz. An diesem Samstag hat die Realität alle Plakatparolen überholt. "Ich wäre auch ohne den Wahltermin oder die Ereignisse in Japan zu dieser Demo gekommen", erklärt Roland Bartel, 43, aus Vaihingen, "aber jetzt war es mir wichtiger denn je." Der Geologe, einen dicken Rucksack auf dem Rücken, ist mit seiner Frau und vier Kindern auf den Schlossplatz gekommen, am Kinderwagen hüpfen grüne Luftballons. Seine Schwester, zu Besuch aus Göttingen, hat eine gelbe Anti-AKW-Binde auf ihren blauen Fleecepulli geklebt. "Ich denke, die Chance, dass sich hier im Land politisch etwas ändert", so Bartel, "ist so hoch wie nie zuvor."
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,750598,00.html

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